Paolas Garten:
Eine Schule des Lebens
Zwei Monate half ich Paola in ihrem Gemüsegarten aus. Dort habe ich neben dem Gärtnern eine ganze Menge über das Leben an sich gelernt. Meine 4 ultimativen Erkenntnisse verrate ich dir hier!
1. Der Weg ist das Ziel
Während meiner Arbeit im Garten musste ich öfter an Beppo den Straßenkehrer aus Momo denken und zum ersten Mal verstand ich vollkommen seine Botschaft. Jeden Tag erledigte er die gleiche, mühselige Arbeit, ohne Anstrengung. Sein Fokus lag eben nicht auf der langen Straße, die er kehren musste, sondern immer nur auf dem nächsten Stück.
Von den Zeit-Dieben, die ihm vorrechneten, wie er die Stunden an seinem Tag effektiver nutzen konnte, ließ er sich überhaupt nicht beeindrucken. Er war mit seiner Arbeit und der Art und Weise, wie er sie erledigt, vollkommen zufrieden.
„Man muss immer nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Dann macht es Freude.“ -Michael Ende
In Paolas Garten kam mir die Arbeit manchmal richtig schwer und lästig vor. Ich hatte das Gefühl, gar nicht Alles schaffen zu können und fühlte mich einfach nur überwältigt. Konzentrierte ich mich dan allerdings nur auf das, was ich im Moment erledigte, fiel mir auf, wie viel ich eigentlich schaffte und dann machte mir das Ganze plötzlich viel mehr Spaß und die Zeit verflog richtig.
2. Karma Yoga
Präsent sein in dem, was ich tue, war eine weitere Lehre, die ich auf die harte Tour in Paolas Garten gelernt habe.
“Was für ein Desaster!”, hatte Paola eines Tages mit dem Blick auf meine Arbeit ausgerufen. “Du hast alle Erbsenpflanzen in der Reihe mit den Füßen zertreten. Sie werden nicht überleben.” Sie deutete auf die grazilen Pflanzen, die nun platt in die Erde gedrückt waren. Ich bekam ein schlechtes Gewissen.
“Pflanzen sind auch Lebewesen.”, erklärte mir Paola. “Man muss vorsichtig mit ihnen umgehen. Mit der Natur ist ein ständiger Austausch: Die Erde nährt uns und wir müssen sie pflegen und auf sie aufpassen.“
“Du machst Yoga.”, stellte sie fest. “Doch du lebst es nicht.“ Mit einer ausschweifenden Bewegung zeigte sie auf den paradiesischen Garten und sagte: „Auch das ist Yoga.”
„Yoga ist mehr als nur gymnastische Übungen. Yoga ist eine Lebenseinstellung.“
“Yoga liegt in der Präsenz einer Handlung. Es geht darum, Aufgaben mit voller Konzentration zu erledigen, die Meditation in dem finden, was man tut. Karma Yoga beschreibt eine bestimmte Art und Weise, in der man eine Arbeit erledigt. Sieh den Garten als spirituelle Praxis.”
3. Blockaden entstehen im Kopf
Während meiner zwei Monate bei Paola half ich, ein Hügelbeet anzulegen, um die Erde fruchtbarer zu machen. Normalerweise schaffte ich in fünf Stunden immer nur ein kleines Stück, doch an einem Tag bat mich Paola, mir eine dreifach so große Fläche vorzunehmen. Es erschien mir absolut unmöglich und kämpfte innerlich gegen meine Zweifel. Wie sollte ich die dreifache Arbeit in der gleichen Zeit erledigen??
Trotzdem beschloss ich, dem Ganzen einfach mal eine Chance zu geben und ließ mich auf die Sache ein. Nach ein paar Stunden fiel mir auf, dass ich schon viel mehr an dem Tag geschafft hatte, als sonst. Das motivierte mich nur noch mehr. Von diesem Moment an ging Alles ganz leicht.
Die Stunden vergingen wie im Flug und am Ende des Tages hatte ich es tatsächlich geschafft. Und das Erstaunliche war, dass es mich sogar weniger Anstrengung als sonst gekostet hatte.
Ich fühlte mich befriedigt und hatte das Gefühl, an diesem Tag über mich selbst hinausgewachsen zu sein. Mir war klargeworden, dass viele Blockaden im Kopf entstehen. Doch im Grunde ist Alles im Raum des Möglichen.
Nicht nur, was die Gartenarbeit angeht, sondern im Leben generell. Mit Zweifeln hindert man sich nur selbst und verbaut sich einfach nur selbst die Chance, Dinge möglich werden zu lassen.
Der Körper kann Alles schaffen. Es ist dein Geist den du überzeugen musst.
4. Alles eine Sache der Einstellung
Es tröpfelte. Ich hatte mir Gummistiefel und einen Regenmantel übergezogen. Doch ich hatte überhaupt keine Lust darauf, bei dem Nieselwetter im Garten zu arbeiten. Mießgelaunt stapfte ich in den Garten.
Paola musste meinen Gesichtsausdruck gesehen haben, denn sie sagte: “Wenn du mit einer so negativen Einstellung an die Arbeit herangehst, lass es lieber bleiben.” Ich war verwirrt. Damit hatte ich nicht gerechnet. Unser Deal waren Fünf Stunden Arbeit am Tag für kostenloses Essen und Unterkunft.
Wir waren nun vor dem spiralförmigen Garten angekommen und sie sagte: “Jeder, der diesen Garten betritt, sagt mir immer wie schön es hier ist und was für eine positive Energie von ihm ausgeht. Das liegt daran, dass ich stets auf die Energien achte, die in den Garten fließen. Arbeitet jemand mit einer schlechten Laune, so kommt sowieso nichts Gutes dabei heraus.”
Sie hatte Recht. Mir wurde klar, dass nicht der Regen, sondern meine negative Einstellung das Problem war. Ich sammelte mich für einen Moment, atmete die frische Luft ein und fühlte mich plötzlich besser.
Niemand zwang mich dazu bei Regen im Garten zu arbeiten, ich machte es freiwillig. Und mit einem Mal genoss ich es, in der Natur zu sein und empfand die Arbeit nicht als Last.
„Auch aus den Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst du etwas Schönes bauen.“ -Erich Kästner.
Der Garten-Eine Schule aufs Leben
“Der Garten lehrt eine Menge über das Leben.”, erklärte mir Paola. “Im Garten, so wie im Leben ist es wichtig, Aufgaben konzentriert und effizient zur gleichen Zeit zu erledigen. Im Leben läuft nicht alles rund. Doch jeder von uns hat die Wahl, mit welcher Einstellung er seinen Problemen gegenübertritt.“
Ich hatte eine Menge in meiner zweimonatigen Arbeit in ihrem Garten gelernt. Das spiralförmige Paradies war für mich wirklich eine Schule des Lebens gewesen und ich nahm mir vor, die Erkenntnisse so gut es ging in meinen Alltag zu integrieren.