Die 6 Dinge, die ich im Lockdown 2021 gelernt habe
Den erneuten Lockdown im Winter 2020 habe ich mich das erste Mal in meinem Leben aktiv mit mir selbst auseinandergesetzt. Die 6 Erkenntnisse, die ich während der viermonatigen Isolation gewonnen habe, verrate ich dir in diesem Beitrag.
One step ahead!
Die anfängliche Panik, die die verschärften Restriktionen in mir auslösten, machte mir klar, dass ich noch einiges an mir zu arbeiten hatte, um vollständig im Reinen mit mir selbst zu leben. Ich nahm dir die Zeit zu reflektieren und die richtigen Vorbereitungen zu treffen, um mich auf die Zeit der Isolation vorzubereiten.
#Sich über die eigenen Problemzonen bewusst werden
Der erneute Lockdown im November 2020 fiel mit dem Abschied von meinem Freund Haikal zusammen. Es war abzusehen, doch das machte es nicht weniger schmerzhaft. Wir führen eine binationale Beziehung, er stammt aus Singapur, ich aus Deutschland. Aus unserer ursprünglich geplanten zweimonatigen Reise wurden -bedingt durch die Coronapandemie- neun intensive Monate, in denen wir zusammen einen alternativen Lebensstil entdeckten, uns neu im Leben orientierten und das Leben, wie wir es kannten hinterfragten. Es war eine meiner intensivsten Reisen und ich gewann eine neue Perspektive vom Leben und für das, was wirklich zählt.
Obwohl mir in Thailand klar geworden ist, wie wichtig es ist, sich die Zeit für sich selbst zu nehmen, habe ich mich -aus Angst Haikal zu verlieren- selbst vernachlässigt. Jede Sekunde mit ihm schien unendlich kostbar und wir verbrachten jede Minute des Tages zusammen. Nachdem ich die letzten neun Monate kaum einen Moment für mich alleine gehabt hatte, musste ich mich erst wieder neu orientieren.
Das erste Mal seit langem war ich wieder vollkommen auf mich alleine gestellt. Der Gedanke Haikal das nächste halbe Jahr lang nicht zu sehen, schmerzte. Gleichzeitig sah ich in seiner Abwesenheit die Chance, mich die nächsten Monate über intensiv mir selbst zu widmen.
#Gesunde Rahmenbedingungen schaffen
Die verschärften Beschränkungen im November 2020 schienen mein Vorhaben zu bestärken. Auch wenn mein erster Instinkt war, zu flüchten, beschloss mich voll und ganz auf das Experiment einzulassen.
Eine räumliche Umgebung zu haben, in der ich mich wohlfühlte, war für mich wichtig, um mich voll und ganz mir selbst zu widmen. Aus diesem Grund zog ich zurück in meine Altstadtwohnung in Bamberg. Dort war ich auf mich allein gestellt und es gab keine Ablenkung. Ich gab mir die Zeit anzukommen und mich wieder einzurichten. Die erste Woche fiel mir schwer und ich brauchte ein wenig, mich wieder einzufinden, doch im Laufe der Zeit schuf ich mir eine Struktur und lernte, die Zeit mit mir alleine zu genießen. Die ersten paar Wochen gab ich mir, mich zu sammeln. In Thailand hatte ich eine Idee davon bekommen, was ich im Leben erreichen wollte. Nun hatte ich die Zeit, zu reflektieren und ich erstellte ein Visionboard mit meinen Träumen und Zielen.
Anstatt gegen die Beschränkungen anzukämpfen, beschloss ich, den Lockdown für mich zu nutzen.
Früher hatte ich regelmäßige Kaffeepausen mit Kommilitonen eingelegt, hatte mich abends in Bars herumgetrieben oder war tanzen gegangen und hatte neben der Uni ein paar mal die Woche in einem Café gejobbt. Das alles war erst einmal auf Eis gelegt und plötzlich hatte ich jede Menge Zeit, die ich neu gestalten konnte.
Die 6 Erkenntnisse des Lockdowns
1. Die Heilsamkeit gesunder Routinen
Wohltuende Routinen in meinen Alltag zu integrieren gab mir einerseits eine gewisse Struktur und half mir andererseits dabei, meine Bedürfnisse besser zu verstehen. Selbstliebe und -Achtung sind die Basis jeder gesunden Beziehung. Sich Zeit für sich selbst zu nehmen, ist keineswegs egoistisch, sondern eher das Gegenteil ist der Fall.
Meinen Morgen habe ich damit gestartet, mir im Spiegel tief in die Augen zu schauen und mir zu sagen, auf was ich stolz bin, wofür ich mir vergebe und dass ich mich liebe. Das waren stets sehr intensive Augenblicke. Danach habe ich mir ein paar tiefe Atemzüge genommen und meinen Tag visualisiert. Anschließend habe ich mir einen Cappuccino gemacht und mich in meine Sitzecke gelümmelt, meinen Laptop aufgeklappt und begonnen zu schreiben. Ich liebte diese Stunden am frühen Morgen, an denen ich vollkommen vertieft in diese eine Tätigkeit war. Wenn ich gemerkt habe, dass sich meine Kreativität dem Ende neigte, bereitete ich mir ein liebevolles Frühstück zu, was ich versuchte, ohne Ablenkung zu essen. Gegen Nachmittags bin ich dann spazieren gegangen und habe die engen Gassen Bambergs erkundet und neue Seiten der Stadt entdeckt. Vor dem Abendessen habe ich eine Yogapraxis eingelegt und vor dem Schlafengehen den Tag mit einer kurzen Meditation abgeschlossen. Mein wöchentliches Highlight war ein Dampfbad mit anschließender Gesichtsmaske. Das war meine Zeit, in der ich abschalten konnte und Stress und Sorgen für eine Weile beiseite schieben konnte.
2. Prioritäten setzen
Täglich stehen uns vierundzwanzig Stunden zur Verfügung. Ziehen wir davon acht Stunden Schlaf ab, acht Stunden Arbeit, dann verbleiben uns noch acht Stunden, die wir nach Belieben gestalten können. Trotzdem bleibt Zeit für uns meist zu kurz. In einem Artikel in der Flow habe ich gelesen, dass Zeit für sich die gleiche Priorität wie ein kaputter Wasserboiler haben sollte, für den man auch in stressigen Zeiten irgendwie die Zeit finden würde.
Ich persönlich habe erst durch die Pandemie herausgefunden, wie wichtig es ist, sich diese Zeit zu nehmen und dass sie stets oberste Priorität haben sollte. Ein voller Terminplan sollte keine Ausrede sein sich selbst zu vernachlässigen, sondern gerade in stressigen Zeiten ist es wichtig schöne Momente in den Alltag einzubauen, da diese einem oft wieder Energie spenden. Mir persönlich fiel es nicht immer leicht, meinen Routinen nachzugehen. Manchmal musste ich mich zu meiner Yogapraxis oder Meditation wirklich aufraffen. War ich allerdings erst einmal auf der Matte, habe ich es nur selten bereut. Die Beständigkeit hat sch ausgezahlt und mir meinem Leben mehr Leichtigkeit und Zufriedenheit verliehen.
3. Alleinsein lieben lernen
Die letzten vier Monate waren eine unglaublich intensive Zeit, in der ich mich das erste Mal in meinem Leben der Konfrontation mit mir selbst gestellt habe. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich verdammt Angst davor, auf mich alleine gestellt zu sein. Es war das erste Mal in meinem Leben. Selbst auf meinen Solo Reisen war ich nie wirklich alleine gewesen. Glück und Zufriedenheit habe ich stets im Außen gesucht. Unzufriedenheit nahm ich als Zeichen, meine Umgebung zu verändern:
In den letzten drei Jahren wechselte ich alle paar Wochen oder Monate Ort und soziales Umfeld. Auf meinen Reisen zog ich kurzweilige Bekanntschaften stets der Konfrontation mit mir selbst vor. Wenn ich genauer darüber nachdenke, würde ich sogar sagen, dass ich vor mir selbst geflüchtet bin. Ich habe meine gesamte Energie in die Beziehung zu anderen investiert, anstatt eine Verbindung zu mir selbst aufzubauen.
Durch meine Routinen habe ich gelernt, diese wertvollen Momente mit mir selbst zu schätzen und lieben zu lernen. Mittlerweile weiß ich besser, die Signale meines Körpers zu deuten. Habe ich beispielsweise Kopfschmerzen, weiß ich, dass Stress die Ursache sein könnte und versuche aktiv, den Kreislauf zu zerbrechen indem ich mich bei einem Dampfbad entspanne.
4. In Balance zwischen Körper und Geist
Unglaublich transformierend in meiner persönlichen Entwicklung war das Absetzten der Antibabypille vor ein paar Monaten. Aus Angst vor einer Verschlechterung meines Hautbildes habe ich mich intensiv mit den Prozessen in meinem Körper auseinandergesetzt und verstanden, dass ein gutes Hautbild weniger von äußeren Faktoren wie teuren Cremes abhängt, sondern von Innen heraus bewirkt wird. Ich beschäftigte mich mit dem Konzept der ganzheitlichen Heilung und verstand, dass die Haut der Spiegel unseres Innenlebens ist und ein Indikator für innere Unstimmigkeiten ist. Als unser größtes Entgiftungsorgan versucht die Haut, den Körper von Schadstoffen zu befreien. Aus diesem Wissen heraus entstand für mich eine neue Lebensphilosophie: Fortan wollte ich im Einklang mit meinem Körper und Geist leben und meinen Körper so gut es ging bei dem Absetzen der Pille unterstützen.
5. Probleme alleine lösen
Von klein auf hatte ich Probleme damit, Entscheidungen zu treffen. Jeder noch so unbedeutende Entschluss schien weltbewegend und ich wägte alle einzelnen Faktoren ab, als würden sie mein Leben verändern. In Restaurants war ich überwältigt von dem Menu und brauchte eine halbe Ewigkeit, mich für ein Gericht zu entscheiden. Beim Kauf eines Outfits war ich stets auf den Rat anderer angewiesen und vor noch größeren Entscheidungen war ich schlichtweg überfordert. Das Überdenken wirkte sich nicht nur auf meine Psyche, sondern auch auf meinen Körper aus und so litt ich oft an heftige Kopfschmerzen. Meine Unfähigkeit mich zu entscheiden führte dazu, dass ich meine Probleme auf andere abwälzte und von ihnen erwartete, mir ein Rezept zu liefern. Es führte so weit, dass ich in Australien wildfremde Menschen um Rat fragte, die ich nur wenige Minuten zuvor in einem Hostel kennengelernt hatte.
Mittlerweile ist mir klar geworden, dass ich unnötige Energie in Entscheidungen verschwende. Ich habe das Problem noch nicht gemeistert, allerdings erkannt, wie toxisch das Verhaltensmuster ist, dass sich im Laufe der Jahre eingeschlichen hat. Mir wurde klar, dass meine Entscheidungsschwierigkeiten tiefer rührten: Sie zeigten mir, wie wenig ich mir selbst zutraute und dass ich mich selbst nicht kannte. Meine Freunde und Familie schienen stets besser zu wissen, was ich brauchte und was mir gefiel, als ich selbst es tat.
6. Sich selbst kennenlernen
Der Abstand zu meinem Partner zeigte mir deutlich, wie sehr ich mich die letzten Monate vernachlässigt hatte. In Beziehungen neigte ich dazu, mich selbst zu verlieren und mich und meine Bedürfnisse hinten anzustellen. Nach diesen intensiven neun Monaten Beziehung wieder vollkommen auf mich alleine gestellt zu sein machte mir klar, dass ich die zentrale Figur in meinem Leben war und nicht er. Mir wurde bewusst, dass ich mich die Monate mit ihm nicht als vollständig empfunden hatte. Ich war in eine Abhängigkeit geraten und ich verstand, dass der Schlüssel zu einer gesunden Beziehung in einer gesunden Beziehung mit sich selbst lag. Ich wollte sichergehen, mich in einer Beziehung nicht wieder zu verlieren.
Menschen kommen und gehen, doch die einzige Person, die einen immer begleiten wird, ist man selbst. Die Beziehung mit sich selbst ist vergleichbar mit der Beziehung zu anderen. Und ich habe mir nie wirklich die Zeit gegeben, mich wirklich kennenzulernen. Ich wusste weder, was mir gefiel, noch was mich ausmachte. Ich definierte mich über die Meinung anderer und zog ihren Rat vor mein eigenes Urteil. Mittlerweile versuche ich in mich hineinzuhorchen und mich zu fragen, was ich in diesem Moment brauche. Das half mir mich selbst ein Stück besser kennenzulernen.