Moonjourney

Der Ruf Der Fremde: 

Hilfe Fernweh!

Kaum vier Monate nach meiner Rückkehr nach Deutschland hat mich das Fernweh wieder gepackt. Doch woher rührte dieser Drang, gleich wieder meine Koffer zu packen?

Der Wunsch dem Alltag zu entfliehen

Manchmal bin ich gedanklich noch in Thailand. Laufe barfuß durch den Sand und lausche den Wellen, fühle mich frei und grenzenlos. Doch dann werde ich aus meinen Tagträumen wieder zurück in die Realität katapultiert.

Ich befinde mich in Deutschland. Es ist kalt. Und mein Leben hier wird von strikten Regeln und Einschränkungen bestimmt. Kaum vier Monaten sind vergangen, seit ich wieder hier bin und das Fernweh hat mich bereits wieder fest im Griff. Es hat eine Weile auf sich warten lassen. Anfangs habe ich es genossen, wieder daheim zu sein, Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden zu verbringen, mit meinem Hund spazieren zu gehen. Doch nun wünsche ich mir immer häufiger, an einem anderen Ort zu sein. Durch die Gassen einer fremden Stadt zu laufen und die Atmosphäre eines mir unbekannten Ortes in mich aufzusaugen.

Ich wohne in einer Altstadtwohnung im Herzen Bambergs. Ich liebe die Stadt. Ich liebe die engen Gassen, die alten Häuser, den Fluss, die Brücken, die Parks. In den letzten Wochen bin ich täglich spazieren gegangen, habe neue Facetten von Bamberg entdeckt. Mittlerweile habe ich in jeden Winkel der Stadt gesehen. Und ich komme langsam an den Punkt, an dem ich mich nach der Fremde sehne. 

Ich wünschte, ich könnte das Vertraute einfach zurücklassen und mich ins Unbekannte stürzen, auf ins nächste Abenteuer.

Mir fehlt die Sonne; die wärmenden Strahlen auf meinem Gesicht zu spüren und neue Energie zu tanken. Es ist Winter in Deutschland und die Sonne lässt sich nur selten blicken. Wieso nicht abhauen? Auf die kanarischen Inseln? Oder den Süden Italiens? Der Gedanke liegt zum Greifen nah. Meine Vorlesungen sind ausschließlich online. Nichts hält mich hier.

Ich habe das Gefühl, um mein Studentenleben betrogen worden zu sein. Vor der Pandemie habe ich mein Studium geliebt. Ich bin gerne zu den Vorlesungen gegangen, nach denen ich meistens einen Kaffee mit meinen Kommilitonen getrunken habe. Nachmittages bin ich zum Lernen in die Bibliothek gegangen. Und abends habe ich mich dann auf ein gemütliches Glas Wein in einer der urigen Bars Bambergs mit meinen Freunden getroffen. Wenn man Glück hatte, spielte sogar Live Musik. 

Inzwischen ist die Stadt wie ausgestorben. Der Großteil der Studenten ist nicht einmal mehr nach Bamberg gekommen. Wozu auch? 

Den einzigen Vorteil, den meine Online-Uni zu haben scheint, ist, dass ich von überall aus studieren kann. Wieso nicht verdammt nochmal abhauen? Ein Gefühl der Aufregung machte sich in mir breit. Mein Herz begann schneller zu schlagen und ein flaues Gefühl stellte sich in meinem Magen ein.

If you can't go outside, go inside!

Die Wurzeln des Problems ergründen

Doch dann drängte sich mir ein anderer Gedanke auf: Vielleicht ging es überhaupt nicht darum, die Veränderung im Außen zu suchen. In meinem Verhalten war ein ganz klares Schema erkennbar: Fühlte ich mich gelangweilt und unzufrieden, so zog ich weiter, stürzte mich ins nächste Abenteuer, was mir allerdings nur kurzfristiges Glück bescherte. 

Nach meinem Abi war ich sofort für ein Jahr nach Australien abgehauen, habe dann weitere sechs Monate lang Südostasien bereist und -nach nicht einmal zwei Semestern Studium- habe ich dann für ein halbes Jahr der Coronapandemie verschuldet in Thailand gelebt. Wirklich länger als ein halbes Jahr am Stück habe ich seit meinem Abi also nicht mehr in Deutschland oder generell nirgendwo gelebt. 

Auf meinen Reisen habe ich unglaublich viel gelernt. Ich bin weltoffener, toleranter und selbstbewusster geworden, habe gelernt mich überall in der Welt zurechtzufinden, habe einen alternativen Lebensstil erfahren und verstanden, wie wichtig es ist, gesunde Grenzen zu setzen. Ich könnte die Liste noch ewig weiterführen, nur Eins würde ganz klar nicht darauf vorkommen: Wie man längere Zeit an einem Ort lebt und unabhängig von äußeren Faktoren glücklich ist. 

Vielleicht ist es an der Zeit, das Problem an den Wurzeln zu behandeln. Zu lernen, mein Glück im Innen und nicht im Außen zu suchen. Der Gedanke, die nächsten Monate zur Selbstreflexion und Weiterentwicklung zu nutzen, begann mir zu gefallen. Gewissermaßen war das auch eine Herausforderung. 

Ein neuer Umgang mit Fernweh

Ich musste an Eva denken. Ich habe sie in Gaia Ashram, einem Permakultur Lernzentrum in Thailand, kennengelernt und sie hat sich damals dazu entschieden, während des ersten Lockdowns im April nach Deutschland zurückzukehren. Auf meine Frage, ob sie keine Angst hätte, sich einsam zu fühlen, schüttelte sie nur lächelnd den Kopf und erwiderte: “If you can’t go outside, go inside.”

Ich fand ihre Einstellung bewundernswert. Sie schien glücklich zu sein, egal wo sie war und alle Herausforderungen des Lebens dankend anzunehmen. 

Die Entscheidung, während dem letzten Lockdown in Thailand zu bleiben, ist absolut richtig gewesen. Ich war damals noch nicht bereit für eine derartige Herausforderung. Inzwischen habe ich allerdings das Gefühl, an einem Punkt angekommen zu sein, an dem ich von dieser neuen Erfahrung des Alleinseins profitieren kann. 

Die Frage, die ich mir nun stellen muss ist: Wieso zieht es mich in die Ferne? Ist es, um vor der Realität und den Pandemie-bedingten Einschränkungen zu entfliehen oder doch, um meiner inneren Intuition zu folgen, die mich schon so oft in die richtige Richtung gelenkt hat? 

Es ist die Zeit gekommen, in mich zu gehen und mir diese Frage zu beantworten. Denn was ich in den nächsten Monaten lernen will, ist, mit mir selbst glücklich zu sein ganz egal, an welchem Ort ich mich befinde und von welchen Menschen ich umgeben bin. 

Sandstraße-bamberg

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